Reform der Fahrausbildung: Simulatoren werden zukünftig in Fahrschulen eine größere Rolle spielen

11.07.2025 • Die geplante Reform der Fahrschüler-Ausbildungsordnung soll 2026 in Kraft treten und den Fahrschulalltag grundlegend verändern. Neben dem in OFSA 2 Gutachten vorgestellten neuen Kompetenzrahmen und Ausbildungsplan versucht die Politik zusätzlich mit der Reform den gestiegenen Kosten für den Führerschein zu begegnen. So ist ein zentrales Anliegen dieser Reform auch der verstärkte Einsatz von Fahrsimulatoren im Fahrschulunterricht.

Von Bernd Brenner und Markus Dill (DVPI Frankfurt)

In der aktuellen Fahrschüler-Ausbildungsordnung ist der Einsatz von Simulatoren bisher nicht vorgesehen. So durften Fahrstunden am Simulator nicht auf die Ausbildung angerechnet werden – sie galten lediglich als freiwillige Ergänzung und fanden nur vereinzelt Anwendung. Dies soll sich voraussichtlich ab August 2026 ändern. Bereits im Oktober 2024 kündigte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur geplanten Reform die rechtliche Anerkennung von Fahrsimulatoren an.

Doch neben den Chancen, die Fahrsimulatoren zukünftig bieten, werden besonders auch von Seiten der Fahrlehrerschaft kritische Stimmen laut. Technikbedingte Grenzen aktueller Simulator-Systeme und die Frage, wie realitätsnah komplexe Verkehrssituationen virtuell abgebildet werden können, zeigen den Bedarf an einer sachlichen Abwägung. Zudem wird von Fahrschulinhabern kleinerer Fahrschulen bezweifelt, dass sie die Ausbildung mithilfe von Fahrsimulatoren tatsächlich günstiger anbieten können.

Klare Vorteile: Kein Benzin und keine Abgase

Auf den ersten Blick bietet die zukünftige Integration von Fahrsimulatoren in die Fahrausbildung der Fahrschulbranche zahlreiche Vorteile und Möglichkeiten. Die Ausbildung am Simulator verbraucht kein Benzin, produziert keine Abgase und schont das Fahrzeug – sie ist also energieeffizient und umweltfreundlich.

Ein weiterer Vorteil: Die Übungsstunden im Simulator können teilweise ohne direkt begleitenden Fahrlehrer stattfinden, was das Personal entlastet und der Fahrschule Personalkosten spart. Außerdem verursacht der Fahrsimulator keine zusätzlichen Kosten wie Krankheitstage oder Urlaub. Im Prinzip kann ein Fahrsimulator 24/7 arbeiten, ohne müde zu werden.

Zugleich sind moderne Simulator-Systeme in Anschaffung und Betrieb oft kostengünstiger als ein Fahrschulauto. Unter diesen Rahmenbedingungen, so die Annahme, können Fahrschulen zukünftig wirtschaftlicher arbeiten und die Führerscheinausbildung günstiger anbieten.

Leichterer Einstieg in die Praxis

Abgesehen von den betriebswirtschaftlichen Überlegungen liegt die eigentliche Stärke eines Fahrsimulators ganz woanders. In der sicheren und kontrollierten Umgebung eines Simulators lassen sich Fahrmanöver ohne Risiko erlernen. Fahranfänger können erste Fahrversuche machen, ohne den realen Verkehr und sich selbst zu gefährden. Zudem ermöglichen Fahrsimulatoren Fahrschülern kostengünstig das Üben motorischer Handlungsabläufe zur Fahrzeugbedienung (z. B. Schalten, Anfahren). Dies nimmt vielen die Angst und erleichtert den Einstieg in die Praxis. Außerdem können spezielle oder kritische Situationen gezielt geübt werden, die in echten Fahrstunden nur selten auftreten. Beispielsweise lassen sich Überholmanöver auf Landstraßen oder das korrekte Bilden einer Rettungsgasse gefahrlos am Simulator trainieren – Szenarien, die auf offener Straße nicht jederzeit nachstellbar sind.

Auch schwierige Witterungsbedingungen oder der Umgang mit Ablenkungen (z.B. durch Smartphones) können simuliert und geübt werden. Durch das wiederholte Durchlaufen solcher Szenarien in einer geschützten virtuellen Umgebung werden Fahrschüler systematisch auf Ausnahmefälle vorbereitet, ohne sich oder andere zu gefährden. Fahrsimulatoren erlauben außerdem, den Lernerfolg der Fahrschüler objektiv zu erfassen und ihre Fahrleistungen durch Visualisierungen (z. B. Abweichungen von der optimalen Fahrlinie) anschaulich zurückzumelden.

Virtuelle Übungsstunden verbessern die Fahrkompetenz

Mehrere Studien untermauern die positiven Effekte des Simulator-Einsatzes. So zeigte eine Untersuchung des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) bereits 2016, dass die gezielte Integration von Simulator-Fahrstunden die Ausbildung in Klasse B effizienter gestaltet – sowohl aus Sicht der Fahrschüler als auch der Fahrschulen.

Eine aktuelle Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) kommt zu ähnlichen Befunden. Sie betont, dass Simulationstrainings ein erhebliches Potenzial bieten, Qualität und Lernerfolg in Theorie und Praxis nachhaltig zu steigern. Insbesondere, so hofft man, könnten Fahrsimulatoren helfen, die derzeit hohe Durchfallquote bei Prüfungen zu senken, indem sie implizites Lernen fördern und Fahrschüler besser auf kritische Situationen vorbereiten. Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) erkennt „eine Chance, in einem sicheren Umfeld die Fahrkompetenz für ausgewählte Fahrsituationen zu erlernen“.

Digitalisierung der Fahrausbildung von der Mehrheit begrüßt

Die Akzeptanz solcher Neuerungen ist seit mehreren Jahren groß. Laut diverser Umfragen (z.B. https://www.moving-roadsafety.com/veroffentlichungen/fahrsimulatoren/) wären über 70 % der Fahrschüler bereit, Übungsstunden im realen Auto teilweise durch Simulator-Training zu ersetzen. Und fast die Hälfte der Fahrschulen erwägt aktuell, in einen eigenen Fahrsimulator zu investieren. Diese Zahlen zeigen, dass sowohl Lernende als auch Lehrende die Digitalisierung der Fahrausbildung grundsätzlich begrüßen.

Anders sieht es allerdings aus, wenn man Führerscheinbesitzer nach den Reformplänen fragt. So kommt eine repräsentative Befragung von AutoScout24 unter mehr als 1.000 Autofahrenden in Deutschland zu dem Ergebnis, dass eine deutliche Mehrheit dem Einsatz von Simulatoren als Ersatz für reale Fahrstunden skeptisch gegenübersteht. 62 % der Befragten lehnen es ab, echte Fahrstunden durch digitale Simulationen zu kompensieren – entweder vollständig oder auch nur in größerem Umfang. Nur etwa ein Drittel kann sich eine teilweise Integration vorstellen, und lediglich 4 % halten eine vollständige Ausbildung am Simulator für sinnvoll. Frauen äußern sich dabei tendenziell deutlich kritischer als Männer.

Diese zurückhaltende Haltung in Teilen der Bevölkerung steht im Kontrast zu den optimistischeren Einschätzungen von Fahrschülern und Fahrschulen. Sie verweist auf ein differenziertes Stimmungsbild, das politische Entscheidungen wie die von CDU/CSU vorgeschlagene Kostenreduktion durch Simulator-Nutzung sorgfältig abwägen sollte. Die gesellschaftliche Akzeptanz und die pädagogische Wirksamkeit hängen demnach wesentlich davon ab, in welchem Umfang und mit welcher Zielsetzung der Simulator-Einsatz erfolgt.

Positive Erfahrungen zeigt Chancen

Einen Blick auf bestehende Positivbeispiele – sowohl im Inland als auch im internationalen Vergleich – lohnt sich in der Debatte um den Einsatz von Fahrsimulatoren in der Fahrschulausbildung. Insbesondere im Bereich der Berufskraftfahrerausbildung hat sich der Einsatz von Simulatoren bereits etabliert. So ist es im Rahmen der beschleunigten Grundqualifikation möglich, bis zu vier von zehn praktischen Unterrichtseinheiten auf einem Simulator zu absolvieren. Der Simulator wird dabei nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung zur Straßenausbildung verstanden, insbesondere um komplexe oder risikobehaftete Verkehrssituationen gefahrlos und didaktisch strukturiert zu üben.

Simulatoren im Ausland bereits erfolgreich eingesetzt

Auch ein Blick ins Ausland zeigt, dass der Einsatz von Simulatoren in der Fahrausbildung Chancen bietet. In Ländern wie den Niederlanden, Frankreich, Schweden oder Japan gehören Simulatoren seit Jahren zum festen Bestandteil der Ausbildung. Sie werden vor allem zur Schulung der Gefahrenwahrnehmung, zur Optimierung des Blickverhaltens oder zur Vermittlung von automatisierten Handlungsabläufen eingesetzt. In vielen dieser Länder können Simulator-Stunden teilweise auf die praktische Ausbildung angerechnet werden. Die internationale Erfahrung zeigt zudem, dass Simulatoren nicht nur dabei helfen, die Verkehrssicherheit zu verbessern, sondern auch dazu beitragen können, Ausbildungsprozesse zu standardisieren und die Ausbildungskosten langfristig zu senken.

Technologie der Simulatoren in dynamischer Entwicklungsphase

Diese Beispiele unterstreichen das Potenzial, das in der systematischen Integration von Simulatoren in die Fahrausbildung steckt. Dabei ist zu beachten, dass sich die Technologie der Fahrsimulatoren derzeit in einer dynamischen Entwicklungsphase befindet. Durch zunehmende Investitionen in Forschung und Entwicklung sind erhebliche technologische Fortschritte zu erwarten, insbesondere hinsichtlich der Immersion, der realitätsnahen Darstellung von Verkehrsszenarien und der didaktischen Nutzbarkeit. Mit der Weiterentwicklung der Systeme wird auch ihre pädagogische Wirksamkeit steigen, sodass der Simulator künftig in noch größerem Umfang zur Kompetenzförderung eingesetzt werden kann. Die heute bestehenden Ansätze markieren daher erst den Anfang einer Entwicklung, die das Potenzial hat, die Fahrausbildung nachhaltig zu verändern.

Finanzielle Entlastung der Fahrschüler

Seit 2022 wird in den Medien heftig über die stetig steigenden Kosten für den Führerschein diskutiert. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Dazu gehören unter anderem die steigenden Personalkosten aufgrund des Fahrlehrermangels sowie die höheren Betriebskosten für den Fuhrpark. Im DVPI-Dossier „Führerscheinkosten: Ist der Führerschein zu teuer?“ haben wir diese Thematik ausführlich untersucht und dargelegt. Mit der Reform und der Einführung des Fahrsimulators versucht die Politik nun, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Einerseits soll der Fahrsimulator dem Fahrlehrermangel entgegenwirken, indem er reale Fahrstunden ersetzt. Andererseits soll er dabei helfen, dass die Fahrschulen ihren Fuhrpark verkleinern können.

Zahl der Fahrschulfahrzeuge pro Fahrschule seit 2016 fast verdoppelt

Ein Beispiel für steigende Kosten ist der Nachweis der Schaltkompetenz im Rahmen von B197. Fahrschüler, die diese im April 2021 eingeführte Fahrerlaubnis erwerben, sind trotz der Prüfung auf einem Automatikfahrzeug dazu berechtigt, auch Fahrzeuge mit Schaltgetriebe zu fahren. Dazu müssen sie bei der Antragstellung lediglich die Klasse B197 beantragen und mindestens zehn Fahrstunden sowie eine 15-minütige Testfahrt auf einem Schaltwagen absolvieren. Nach erfolgreicher Testfahrt muss der Fahrlehrer eine entsprechende Bescheinigung aushändigen, die bei der zuständigen Behörde eingereicht werden muss.

Was sich auf den ersten Blick wie eine Erleichterung in der Ausbildung anhört, hat sich für Fahrschulen seit der Einführung zu einem Kostenproblem entwickelt. Zuvor hatten viele Fahrschulen so gut wie keinen Automatikwagen in ihrem Fuhrpark. Die Führerscheinausbildung wurde traditionell komplett auf einem Schaltwagen durchgeführt. Zahlen des Branchenverbandes Moving zeigen, dass sich die Zahl der Fahrschulfahrzeuge pro Fahrschule seit 2016 nahezu verdoppelt hat. Laut Moving ist diese Entwicklung primär auf die Einführung der B197-Regelung zurückzuführen. So macht es B197 erforderlich, dass Fahrschulen entsprechende Schaltfahrzeuge zusätzlich zu den Automatikfahrzeugen in ihrem Fuhrpark vorhalten.

Einsparpotenzial durch Einsatz von Simulatoren

Die Reform sieht vor, dass künftig dieser Schaltnachweis komplett am Simulator erbracht werden darf. Damit könnten Fahrschulen zukünftig entscheiden, ob sie ihre Schaltfahrzeuge ausmustern, und Fahrschüler Kuppeln und Schalten virtuell erlernen. So erhofft sich die Politik ein Einsparpotenzial für Fahrschüler. Eine Untersuchung des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) aus dem Jahr 2023 zeigte, dass der Kostenvorteil auf einen durchschnittlichen Ausbildungsverlauf rund 100 Euro beträgt. Auch ein weiterer Kostenfaktor könnte theoretisch entschärft werden. So könnten Wartezeiten zur Prüfung aufgrund fehlender Prüfkapazitäten bei TÜV und DEKRA überbrückt werden, indem Fahrschüler so lange am Simulator weiterüben, anstatt kostenpflichtige „Auffrischungsstunden“ im Auto nehmen zu müssen.

Aber: Auch durch Simulatoren entstehen Mehrkosten

Unter den Fahrlehrern gibt es, wie bereits erwähnt, allerdings auch kritische Stimmen. So seien die Einsparmöglichkeiten durch den Simulator begrenzt. Zwar können durch die neue Regelung zur Schaltkompetenz die Schaltwagen abgeschafft werden, doch werden die Kosten hierfür durch die Anschaffungskosten für den Simulator nicht vollständig eingespart. Zudem sind ausreichend Kunden erforderlich, damit der Simulator ökonomisch sinnvoll ausgelastet ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Simulator in den Fahrschulräumen nicht unbeaufsichtigt genutzt werden kann. Dadurch entstehen gegebenenfalls Personalkosten für die zusätzlichen Öffnungszeiten. Gerade bei kleineren Fahrschulbetrieben ist deshalb eine betriebswirtschaftliche Abwägung erforderlich, bevor sie in einen Simulator investieren.

Kritik: Technische Defizite und Grenzen der Simulation

Trotz vieler Vorteile betonen Experten, dass Fahrsimulatoren kein vollwertiger Ersatz für das Fahren auf realen Straßen sind. Die virtuelle Ausbildung steckt technisch noch in der Entwicklung, und es gibt Grenzen der Simulation komplexer Situationen. So sind nicht alle auf dem Markt befindlichen Simulatoren wirklich realitätsnah: Einige einfachere Modelle ähneln eher Computerspielen und reichen qualitativ nicht an professionelle Trainingssysteme heran. Hochwertige Simulatoren mit fortschrittlicher Grafik, realistischem Fahrgefühl und guter pädagogischer Software gibt es zwar – doch sie sind bislang die Ausnahme und oft kostspielig. Damit der Simulator-Einsatz in der Breite erfolgreich sein kann, müssen Mindeststandards erfüllt werden.

Konformitätserklärung für Simulatoren geplant

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat fordert hierzu klare technische und didaktische Anforderungen an derartige Systeme. Bereits jetzt arbeitet das BMDV mit der BASt an entsprechenden Vorgaben. Über einen ersten Anforderungskatalog wird in der Branche lebhaft diskutiert – viele fragen sich, ob die heute verbreiteten Simulatoren diesen Ansprüchen genügen. Ein Beispiel für solch eine Anforderung: Die BASt hält eine physisch realistische Schaltung für nötig, damit das Schaltgetriebe im Simulator authentisch bedient werden kann. Derzeit haben allerdings nur wenige Simulatoren eine echte Kupplungs- und Schaltvorrichtung – ein Beispiel für noch bestehende technischen Defizite im Vergleich zum realen Fahrzeugbetrieb.

Allerdings sind solche Systeme kostenintensiv und widersprechen dem politischen Wunsch, die Kosten zu senken. Das BMDV hat daher bereits im Oktober 2024 klargestellt, dass die Anforderungen an Simulatoren in der neuen Fahrschüler-Ausbildungsordnung möglichst technologieoffen formuliert werden, aber durch eine Konformitätserklärung nachgewiesen werden müssen. Was dies im Einzelnen bedeuten wird, wird erst mit der Veröffentlichung des Referentenentwurfs ersichtlich.

Komplexe Verkehrsdynamiken lassen sich nicht nachbilden

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat fordert hierzu klare technische und didaktische Anforderungen an derartige Systeme. Bereits jetzt arbeitet das BMDV mit der BASt an entsprechenden Neben der Hardware-Qualität gibt es auch inhaltliche Grenzen der Simulation. Menschliches Verhalten von Verkehrsteilnehmern und komplexe Verkehrsdynamiken lassen sich nicht vollständig virtuell nachbilden. Zwar können Computersimulationen viele typische Situationen darstellen, doch das unvorhersehbare Zusammenspiel zahlreicher Faktoren im echten Straßenverkehr (etwa spontane Reaktionen von Fußgängern, Wetterumschwünge, technische Defekte etc.) ist in seiner Gesamtheit schwer zu simulieren.

Fahrsimulatoren stoßen insbesondere bei der Vermittlung von Handlungskompetenzen an Grenzen: Viele praktische Fähigkeiten können im Simulator höchstens teilweise trainiert werden. Ein Fahrschüler mag am Bildschirm Gefahrensituationen erkennen lernen, doch das Gefühl echter Geschwindigkeit, physische Kräfte beim Bremsen oder die Stressbewältigung im dichten Stadtverkehr erlebt er nur im realen Auto. Studien weisen auch auf eine Transferproblematik hin: Kompetenzen, die virtuell erworben wurden, müssen schließlich in die Realität übertragen werden. Dieser Transfer gelingt nicht immer nahtlos, sodass auch weiterhin Praxisfahrten notwendig bleiben werden. Deswegen ist derzeit auch nicht geplant, den praktischen Fahrunterricht gänzlich auf Simulatoren zu verlagern.

Simulatoren ergänzen! Sie ersetzen nicht!

Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer betonen daher, dass der Simulator selbstverständlich die praktische Ausbildung nur ergänzen kann, aber niemals das Fahren im realen Verkehr ersetzen soll. Der direkte Kontakt zwischen Lehrer und Schüler im Fahrzeug – inklusive unmittelbarem Feedback, Einfühlungsvermögen und sozialer Interaktion – ist durch keinen Avatar und keine KI vollständig zu ersetzen. Dementsprechend skeptisch reagiert die Branche auf Vorschläge, die gesamte Ausbildung auf virtuelle Systeme auszulagern. Jochen Klima vom Fahrlehrerverband Baden-Württemberg warnt etwa davor, alle Ausbildungsinhalte auf den Simulator zu verlegen, nur um Kosten zu sparen – entscheidend sei, ob dies auch wirklich der Verkehrssicherheit diene. Auch Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Fahrschulunternehmen (BDFU) stellt klar: „Autofahren kann man nicht allein im Simulator lernen“. Die Devise lautet vielmehr: Der Fahrsimulator ergänzt die Praxis, ist aber kein Ersatz.

Behutsamer und sinnvoller Einsatz

Angesichts dieser Punkte plädieren Fachleute für einen behutsamen und sinnvollen Einsatz der Technologie. Zunächst gelte es, mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und Erfahrungswerte zu sammeln, bevor Simulatorstunden eventuell fest in die Ausbildungsordnung integriert werden. Wichtig sei, so der Tenor, dass Qualität vor Quantität geht: Ein paar gut betreute Simulator-Sessions können den Lernfortschritt fördern, aber sie ersetzen keine solide Grundausbildung hinter dem Steuer eines realen Fahrzeugs. Die Reformpläne tragen dem Rechnung, indem sie zwar neue Möglichkeiten eröffnen, jedoch keineswegs die klassische Fahrstunde abschaffen.

Gesetzlichen Rahmen schaffen

Bereits in der Informationsveranstaltung im Oktober 2024 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) betont, dass Fahrschulen nicht dazu verpflichtet sind, die Ausbildung mit einem Fahrsimulator durchzuführen. Ob und wie Fahrsimulatoren eingesetzt werden, obliegt der pädagogischen Freiheit des Fahrlehrers. Daher soll es keine Vorgaben für den Stundenumfang geben. Es wurde jedoch betont, wie wichtig regelmäßige Lernerfolgskontrollen sind, um sicherzustellen, dass die Auszubildenden das Ausbildungsziel für den Realverkehr erreichen und die Prüfung im Realverkehr bestehen. Darüber hinaus hat das BMDV angekündigt, dass die besonderen Ausbildungsfahrten (Überland-, Autobahn- und Nachtfahrten) nicht auf einem Simulator absolviert werden dürfen.

In einem Interview mit der Zeitschrift „Fahrschule” (Ausgabe November 2024) stellte Jürgen Kopp, der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF), klar, dass die Schaffung einer Simulator-Ausbildungsrichtlinie für den Fahrlehrerverband ein wichtiges Ziel ist. In dieser sollen die Fahrkompetenzen verbindlich geregelt werden, die sich an einem Simulator erlernen und üben lassen. Auch eine Höchstdauer für die Nutzung des Simulators soll explizit festgelegt werden. Allerdings wird erst mit der Veröffentlichung des Referentenentwurfs deutlich werden, wo der Fahrlehrerverband ggf. Ergänzungen fordern wird.

Fazit

Zahlreiche Vorteile – von Kosteneinsparungen über flexible Übungsmöglichkeiten bis hin zu einem Zugewinn an Verkehrssicherheit – sprechen für mehr Simulator-Training im Fahrschulalltag. Studien und Modellprojekte zeigen, dass ein kluger Einsatz virtueller Fahrstunden die Ausbildung effizienter machen und Fahranfänger gezielter auf kritische Situationen vorbereiten kann. Gleichzeitig hat die Diskussion aber auch deutlich gemacht, dass der Simulator kein Allheilmittel ist. Die bewährte Praxis auf der Straße bleibt unverzichtbar, und die Technik muss bestimmten Qualitätskriterien genügen, damit sie ihren vollen Nutzen entfalten kann.

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