Reform der Fahrausbildung: Das könnte sich ab 2026 ändern

16.07.2025 • Eine umfassende Reform der Fahrausbildung in Deutschland steht bevor. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat am 14. Oktober 2024 im Rahmen einer Informationsveranstaltung tiefgreifende Änderungen angekündigt. Diese werden nicht nur die praktische Ausbildung betreffen, sondern auch die Theorieprüfung und die Rolle der Fahrlehrer grundlegend verändern könnten. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die geplanten Neuerungen und deren mögliche Auswirkungen.

Grundlage der gesamten Reform ist das im März 2022 veröffentlichte OFSA 2 Gutachten, das konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Fahrschülerausbildung, insbesondere hinsichtlich der Inhalte, Methoden und des Ablaufs, vorgelegt hat. Laut Ministerium sollen viele der in der Studie vorgestellten Konzepte in die neue Fahrschüler-Ausbildungsordnung übernommen werden.

So sieht OFSA II kompetenzbasierte Ausbildungsinhalte und Mindestausbildungsinhalte für die verschiedenen Lehr- und Lernformen (selbstständiges theoretisches Lernen, Theorieunterricht, Fahrpraktische Ausbildung) vor. Dabei soll eine stärkere Integration digitaler Lernmethoden (Blended Learning) in die gesamte Ausbildung einfließen.

So wird angestrebt, das selbständige Lernen stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Fahrschüler sollen bereits zu Hause wesentliche theoretische Grundlagen erwerben, die dann in den Unterrichtsstunden in der Fahrschule vertieft werden. Damit verändert sich die Rolle der Fahrlehrer grundlegend: Sie sollen künftig weniger als reine Wissensvermittler, sondern vielmehr als Lernbegleiter agieren. Ihre Aufgabe wird es sein, falsch erlerntes Wissen zu korrigieren, spezifische Verkehrssituationen zu erörtern und die Fahrschüler gezielt auf die Gefahrenwahrnehmung im Straßenverkehr vorzubereiten.

Mehr Flexibilität beim Theorieunterricht

Auch der Theorieunterricht selbst soll laut BMDV flexibler gestaltet werden. Eine wichtige geplante Neuerung ist die Möglichkeit, thematisch eingegrenzte Teile des Theorieunterrichts online durchzuführen. Zwar bleibt der Präsenzunterricht in Fahrschulen weiterhin in zentralen Punkten Pflicht, doch können Fahrschulen künftig selbst entscheiden, ob sie Online-Unterricht wie auch Simulatoren optional anbieten möchten.

Eine weitere geplante Änderung betrifft die zeitliche Organisation des Theorieunterrichts. Die bisherige Regelung, nach der Fahrschüler maximal zwei Theorieeinheiten à 90 Minuten pro Tag besuchen können, soll wegfallen. Dadurch wird es möglich, Theorieeinheiten kompakter und schneller, zum Beispiel in Ferienintensivkursen, abzuschließen.

Einsatz von Simulatoren

Eine der spannendsten Neuerungen der geplanten Reform ist der Einsatz von professionellen Fahrsimulatoren. Diese sollen z.B. im Rahmen der Pkw-Ausbildung für die Führerscheinklasse B197 eine große Rolle spielen. Bislang müssen Fahrschüler, die diese Führerscheinklasse erwerben wollen, mindestens 10 Stunden auf Schaltfahrzeugen absolvieren, dürfen dann aber auf Automatikfahrzeugen ihre Prüfung ablegen. Nach den neuen Plänen des Ministeriums könnten diese Schaltstunden künftig vollständig auf Simulatoren absolviert werden.

Diese Entwicklung wirft jedoch noch rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die kommende 4. EU-Führerscheinrichtlinie. Ob der vermehrte Einsatz von Simulatoren mit dieser Richtlinie im Einklang steht, muss nach deren Verabschiedung noch geprüft werden. Auch darüber hinaus wird überlegt, Simulatoren in weiteren Bereichen der Fahrausbildung einzusetzen, etwa um Grundfahraufgaben wie das Einparken zu üben.

Erleichterungen in der Ausbildung für Bus- und LKW-Fahrer

Ein weiterer Schwerpunkt der Reform liegt auf der Ausbildung für die Führerscheinklassen, die zum Führen von Bussen und Lkw berechtigen. Angesichts des akuten Mangels an Berufskraftfahrern sollen hier deutliche Erleichterungen eingeführt werden. Nicht nur der Umfang der theoretischen Ausbildung in der Fahrschule, sondern auch die Anzahl der benötigten Fahrstunden könnte für bestimmte Klassen erheblich reduziert werden, um den Zugang zum Beruf zu erleichtern. Dies würde die Ausbildungsdauer verkürzen und damit auch die Ausbildungskosten senken – ein wichtiger Schritt, um dem Fahrermangel entgegenzuwirken.

Die Theorieprüfung: Anpassungen zur Verbesserung der Erfolgsquoten

Ein besonders sensibler Punkt, der in den letzten Jahren immer wieder diskutiert wurde, ist die Theorieprüfung. Die Bestehensquoten haben sich signifikant verschlechtert, was das Ministerium nun zu einer umfassenden Überarbeitung des Fragenkatalogs bewegt. Der Umfang der Fragen soll reduziert, aber auch die Bewertungskriterien angepasst werden.

Zeitplan und Ausblick

Die neuen Regelungen befinden sich derzeit noch im Planungsstadium. Ziel des Ministeriums ist es, das Rechtssetzungsverfahren bis 2025 abzuschließen, so dass die Änderungen frühestens ab dem ersten Quartal 2026 in Kraft treten könnten. Diese Reformen haben das Potenzial, die Fahrausbildung in Deutschland grundlegend zu modernisieren und den Zugang zu Führerscheinen flexibler und praxisorientierter zu gestalten. Es bleibt spannend, wie sich diese Pläne entwickeln und welche Auswirkungen sie letztlich auf Fahrschüler und Fahrschulen haben werden.

Allerdings hat das Ministerium noch keinen Referentenentwurf vorgelegt, so dass heute noch niemand genau weiß, wie die geplante neue Fahrschüler-Ausbildungsordnung im Detail aussehen wird. Eines ist jedoch sicher: Die Diskussion in den Medien über den angeblich zu teuren Führerschein und die hohen Durchfallquoten und der daraus resultierende politische Druck haben das Ministerium zu einer grundlegenden Reform der Fahrschüler-Ausbildungsordnung (FahrschAusbO) veranlasst.

Fazit

Mit diesen Neuerungen könnte die Fahrausbildung in Deutschland einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung und Flexibilisierung machen. Für angehende Fahrschüler bedeuten sie vor allem mehr Freiheiten und eine zeitgemäßere Ausbildung, während Fahrschulen und Fahrlehrer sich auf neue pädagogische Herausforderungen einstellen müssen.


Hier findest du eine Übersicht über alle angekündigten Änderungen aus der Informationsveranstaltung des Bundesverkehrsministeriums vom 14. Oktober 2024.

1. Einführung des in OFSA 2 vorgestellten Ausbildungskonzeptes

  • Die neuen Verlaufspläne bestimmen künftig die Ausbildung
  • Die bisherigen Ausbildungsinhalte werden Kompetenzbereichen zugeordnet und entsprechend formuliert.
  • Die Ausbildung gliedert sich in die OFSA erarbeiteten 4 Lernbereiche:
    - Basisausbildung,
    - Fahraufgaben, Grundfahraufgaben und Prüfungsvorbereitung TFEP,
    - Besondere Ausbildungsfahrten sowie
    - Prüfungsvorbereitung PFEP
  • Die Lernbereiche sollen in der vorgegebenen Reihenfolge absolviert werden
  • Die Lernbereiche gliedern sich in Ausbildungseinheiten
  • Die Ausbildungseinheiten bestehen aus:
    - Selbstständigem Lernen
    - Theoretischem Unterricht und
    - Fahrpraktischer Ausbildung
  • Für jede Ausbildungseinheit (siehe Ausbildungsverlauf) werden Kompetenzen und Mindestausbildungsinhalte für das selbstständige Lernen, den theoretischen Unterricht und die fahrpraktische Ausbildung benannt
    - Alle Inhaltsbereiche müssen vollständig besucht werden
  • Asynchrones E-Learning zum Wissenserwerb wird dem Präsenzunterricht vorgeschaltet (Flipped Classroom)
    - Präsenzunterricht versteht sich als Blended-Learning
  • Ausbildungsbegleitend sollte der Lernstand beurteilt werden
    - Zum Abschluss eines Lernbereichs ist der Lernerfolg zu überprüfen; ein neuer Lernbereich darf erst begonnen werden, wenn der Lernerfolg festgestellt wurde
  • Die Unterscheidung zwischen Grund- und Zusatzstoff wird ersetzt durch Unterscheidung zwischen klassenübergreifend und klassenspezifischer Stoff
  • Entfall Grundunterricht bei Erweiterungsklassen
    - Bei Erweiterung einer Fahrerlaubnis, können die klassenübergreifenden theoretischen Ausbildungsinhalte vollständig durch selbständiges Lernen erarbeitet werden. Damit entfallen die bisher vorgeschriebenen 6 Doppelstunden
  • Keine Beschränkung Unterrichtsdauer Theorie
    - Die Vorgaben zur Dauer des Theorieunterrichts (aktuell 2 Doppelstunden täglich) wird gestrichen
    - Der Umfang des theoretischen Unterrichts wird nur in seiner Gesamtheit in Minuten pro Lernbereich festgelegt
2. Optionaler Online-Unterricht in Teilen
  • Der Theorieunterricht kann vollständig als Präsenzunterricht oder als Kombination von Präsenzunterricht mit digitalem synchronen Lernen durchgeführt werden
  • Eine Mischform von Präsenz oder digitalem Unterricht (hybrider Unterricht) ist nicht vorgesehen
  • 43% der Theoriestunden im Ersterwerb der Klasse B und bis zu 70% bei Erweiterung können als synchroner digitaler Unterricht erteilt werden.
  • Die technischen Vorgaben der Anlage 2a DV-FahrlG gelten auch hier. Anlage 2a (zu § 4 Absatz 2) – Anforderungen an die Durchführung von theoretischem Unterricht in digitaler Form
    Wichtig sind hier:
    - Nr. 6 Die Teilnehmerzahl darf 25 Personen nicht überschreiten.
    - Nr. 8 Der digitale Unterricht ist aus Räumen zu erteilen, die die Vorgaben des § 3 erfüllen.
3. Offizielle, gesetzliche Anerkennung für PKW-Simulatoren
  • Simulatoren werden geregelt, um den Einsatz rechtssicher zu ermöglichen.
  • Es gibt keine Verpflichtung, Ausbildung an Simulatoren anzubieten
  • Der sinnvolle und zielgerichtete Einsatz von Simulatoren obliegt der pädagogischen Freiheit des Fahrlehrers; daher wird es keine Vorgaben für den Stundenumfang geben
    - Die besonderen Ausbildungsfahrten dürfen nicht auf dem Simulator absolviert werden
  • Die Anforderungen an Simulatoren sollen möglichst technologieoffen formuliert werden.
    - Die Erfüllung der Anforderungen soll vom Hersteller durch eine Konformitätserklärung einer geeigneten Stelle nachgewiesen werden (z. B. Zertifizierungsstellen von TÜV und Dekra)
  • Alle 10 Schaltstunden und die Überprüfungsfahrt im Rahmen von B 197 können an einem Simulator absolviert werden
4. Änderung LKW und Bus Ausbildung
  • Gemeinsamer klassenübergreifender Stoff
    - Bei Erweiterung von einer Klasse in die andere wird der Stoff selbstständig erlernt
    - Stärkere inhaltliche Trennung von Fahrausbildung und beschleunigter Grundqualifikation
    - Reduktion von thematischen Überschneidungen
  • Die Zahl der Stunden für die besonderen Ausbildungsfahrten wird reduziert
  • Bei den Busklassen entfällt die Vorgabe von Mindeststunden für die Grundausbildung
  • Laut BMDV sind Kooperationen beim Online-Unterricht denkbar
    - Nur zugelassene Ausbildungsinhalte
    - Keiner der Lernbereiche des Theorieunterrichts darf ausschließlich im Unterrichtsformat des digitalen synchronen Lernens durchgeführt werden.
5. Reform der Theorieprüfung
  • Alle Fragen werden neu zugeordnet und gewichtet
  • Reduktion des Umfangs
  • Neue Bestehenskriterien werden eingeführt
    - Keine Differenzierung mehr nach 2 – 5 Punkte pro Frage
    - Stattdessen nur noch 1 Punkt pro Frage
    - Einzelne Fragen führen bei falscher Antwort direkt zum Nichtbestehen
    - Die konkrete Ausgestaltung ist noch offen


Wichtiger Hinweis und Update: Die Veranstaltung im Oktober 2024 fand noch unter der Leitung der Ampel-Regierung statt. Wenige Wochen später wurde die Durchführung von Neuwahlen im Jahr 2025 angekündigt. Seither befindet sich der Reformprozess in der Warteschleife. Mit dem Amtsantritt der neuen CDU/CSU-SPD-Regierung wurde ein neuer Zeitplan veröffentlicht. Dieser wurde allerdings erneut nicht eingehalten. In diesem Artikel erfahrt ihr mehr über die erneute Verzögerung.