Alexander Kuhlig: Ich fand den Beruf des Fahrlehrers schon immer faszinierend. Eine meiner Hauptintentionen war, meine über 30 Jahre lange Fahrpraxis, die ich durch meine verschiedenen Jobs mit vielen unterschiedlichen Autos sammeln konnte, an die Fahrschülerinnen und Fahrschüler weiterzugeben. Aber in jüngeren Jahren hätte ich noch nicht die Ruhe und Gelassenheit gehabt, mich auf den Beifahrersitz zu setzen. Doch irgendwann war es so weit. Und der Job des Fahrlehrers geht weit über das „normale“ Fahren lehren hinaus, weil so viel auf unseren Straßen passiert. Da sind die Fahrschüler gleich mit der Wirklichkeit konfrontiert – und das zu kommentieren und die Schüler darauf vorzubereiten, macht mir Spaß.
Generell dauert die Ausbildung zum Fahrlehrer ungefähr ein Jahr. Ich habe im Mai 2022 mit der Ausbildung begonnen und diese im Juli 2023 abgeschlossen. Bei mir dauerte es also ein bisschen länger als ein Jahr, weil ich mir bewusst Zeit genommen habe, all die neuen Dinge zu verinnerlichen. Die Ausbildung beginnt mit acht Monaten Seminarbesuchen. Danach hat man eine kleine Pause, in der man Zeit hat, zu lernen. Dann folgen eine schriftliche und eine mündliche Prüfung. Hat man diese bestanden, steht ein viermonatiges Praktikum an. Nach der abschließenden, bestandenen Lehrprobe bekam ich meinen Fahrlehrerschein und dann ging es auch gleich los.
Meine Ausbildungsstätte, das Verkehrsinstitut Schielein in Nürnberg, hat mich sehr gut beraten. Ich habe das Aufstiegs-BAföG in Anspruch genommen. Ein Teil der Fördersumme wird dabei als Zuschuss gezahlt, ein Teil als Darlehen zur Verfügung gestellt. Bei mir wurden die Lehrgangskosten übernommen. Man sollte sich nicht von dem ersten Kostenblock abschrecken lassen, die Förderungsmöglichkeiten sind in unserem Berufsfeld sehr gut. Man muss zu Beginn „die Hosen runterlassen“, wieviel Geld man auf der hohen Kante hat – oder auch nicht. Dementsprechend wird man mehr oder weniger gefördert.
Also Autofahren konnte ich gut. Daher habe ich mich deutlich mehr auf den theoretischen Teil fokussiert. In den ersten acht Monaten stehen die Straßenverkehrsordnung sowie die verschiedenen Führerscheinklassen im Vordergrund der Ausbildung. Diese Grundkenntnisse braucht man später als Fahrlehrer für den eigenen Theorieunterricht. Außerdem hatten wir einen großen Block Pädagogik. Anfangs dachte ich, das liegt mir nicht so, aber ich wurde in dem Lehrgang, den ich besucht habe, sehr gut abgeholt. Man lernt auch viel über Fahrzeugtechnik, zum Beispiel über die Ventilsteuerung eines Motors. Das Thema Technik ist in der Ausbildung auf einem hohen Level, in der Praxis braucht man das aber meist gar nicht so ausführlich. Da reicht dann meist das gute Basiswissen.
Richtige Stolpersteine gab es nicht. Aber für mich war die größte Umstellung, da meine Schulzeit ja schon eine Weile her ist, dass ich wieder lernen musste, richtig zu lernen. Am Anfang hatte ich schon ein bisschen Bammel, wie ich das alles in meinen Schädel reinkriegen soll und wie ich am besten lerne. Bei mir hat dann das ständige Wiederholen und das Lernen in Lerngruppen super funktioniert.
In meinem vorigen Beruf musste ich bei diversen Preisverleihungen immer mal auf eine Bühne. Das hat mir nie so richtig Spaß gemacht. Wenn ich das gewollt hätte, wäre ich zum Film gegangen. Das hat sich während meiner Ausbildung zum Fahrlehrer komplett geändert. Mir macht es jetzt enorm viel Spaß und Freude, vor den Fahrschülern zu stehen – ist ja auch so eine Art Bühne – und ihnen das Theoriewissen zu vermitteln. Man zieht da immer seine kleine, individuelle Show ab, um alle abzuholen und bestmöglich zu motivieren. Das finde ich super.
Na klar. Vor allem, was die Verkehrsregeln angeht. Denn die ändern sich ja immer mal wieder. Ein schönes Beispiel ist der Bus, der mit Warnblinklicht an der Haltestelle steht. Wie verhalte ich mich da? Das weiß fast keiner, dass man mit Schrittgeschwindigkeit vorbeifahren muss – auch, wenn der Bus im Gegenverkehr steht. Auch die abknickende Vorfahrtsstraße ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Für mich jetzt nicht mehr.
Ich kriege jetzt keine Knöllchen mehr. Ich halte mich an die Verkehrsregeln, weil ich ja ein Vorbild für meine Fahrschüler sein möchte. Ich soll Fahranfängern vermitteln, wie sie sich vernünftig im Straßenverkehr verhalten, daher sehe ich diese Aufgabe für mich genauso. Stellen Sie sich mal vor, irgendjemand sieht mich im Auto und denkt sich: Wie fährt denn der Alex da durch die Gegend? Daher habe ich meinen Fahrstil entsprechend angepasst. Und ich bin großer Fan des Tempomaten geworden. Da läuft man dann weniger Gefahr, zu schnell zu sein. Und mit über 50 Jahren wird man generell auch ein bisschen ruhiger auf der Straße.
Wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Lernweg findet, wie ich es ja bei mir auch schon beschrieben habe. Die Auszubildenden müssen zusehen, dass Sie interessiert sind, wach sind, wenn sie in die Prüfungen gehen. Wer die ganze Zeit in den Kursen auf seinem Handy rumdaddelt, wird es schwer haben. Man muss es wirklich wollen und bereit sein, zu lernen. Denn die Ausbildung kostet, wir sprachen vorhin bereits darüber, ja auch ein wenig Geld (rund 14.000 bis 17.000 Euro – Anm. der Redaktion).
Ganz ehrlich? Trotz Lehrgang und der Tatsache, dass als Back-Up der Ausbilder mit im Auto saß, dachte ich: Eigentlich habe ich ja überhaupt keine Ahnung – und jetzt soll ich dem da neben mir irgendwas erzählen? Natürlich kommst du trotzdem auch durch deine erste Fahrstunde durch und sprichst anschließend mit deinem Ausbilder, was du besser machen kannst. Mit der Zeit wird man immer professioneller und souveräner. Irgendwann hat man dann den Bogen raus.
Den „klassischen“ Arbeitstag gibt es nicht. Das ist in jeder Fahrschule anders. Ich zum Beispiel fange eher später an, meist am späten Vormittag, weil viele meiner Fahrschülerinnen und Fahrschüler noch zur Schule gehen. Den Tag schließe ich gelegentlich mit einer Nachtfahrt ab. Vor allem im Sommer bin ich dann manchmal erst gegen Mitternacht zu Hause. Eine klassische „Nine-to-five“-Kernarbeitszeit gibt es bei uns nicht.
Ja, die Planung obliegt komplett mir. Es gibt aber auch Fahrschulen, bei denen das anders ist.
Elf Unterrichtseinheiten à 45 Minuten sind maximal pro Tag laut Fahrlehrergesetz erlaubt, das sind etwas über acht Stunden. Ich liege da ein wenig drunter. Denn der Job ist – vor allem für den Kopf – ziemlich anstrengend. Da brauche ich ab und zu auch ein bisschen Ruhe.
Ich habe aktuell 20 Fahrschülerinnen und Fahrschüler und versuche, so gut es geht, diese von Montag bis Freitag „abzufrühstücken“. Samstags fahre ich eher selten. Meine Wochenenden sind mir wichtig. Und ich muss auch nicht jede Woche eine Nachtfahrt machen. Dann wiederum kommt es aber auch mal vor, dass ich zwei oder drei Nachtfahrten in einer Woche mache.
Meine Hauptaufgabe ist generell, den Fahrschülern erstmal das Fahren beizubringen. In der Theorie lege ich zunächst den Grundstein, dass sie, bevor sie die erste Fahrstunde haben, die wichtigsten Verkehrsregeln verinnerlichen. Da gibt es die unterschiedlichsten Wissensstände. Mir muss es dann gelingen, das Theoretische möglichst optimal mit dem Praktischen zu verknüpfen.
Als Fahrlehrer musst du dich auf jeden Fahrschüler neu einstellen. Alle Menschen sind verschieden und benötigen häufig eine individuelle Betreuung. Außerdem ist es hilfreich, wenn man sehr gute Menschenkenntnis besitzt. Denn man ist oft auch Psychologe. Da kommt mir meine Zeit als Taxifahrer zugute.
Im Fahrlehrergesetz ist geregelt, dass Fahrlehrer der Klasse BE alle vier Jahre drei Tage Fortbildung machen müssen. Damit man bezüglich Straßenverkehrsordnung, Fahrlehrergesetz, neuer Mobilitätskonzepte etc. am Ball bleibt. Ob sie das am Stück machen oder jedes Jahr einen Tag, können sie selbst entscheiden. Weiterbilden muss man sich nicht, kann sich aber natürlich jederzeit auf Bus, Lkw oder Motorrad weiterbilden lassen oder eine Weiterbildung zum Fahrlehrer-Ausbilder absolvieren. Wenn man Fahrlehrer für Auto, Motorrad und Lkw ist, kann man auch als Dozent beim DVPI und im Prüfungsausschuss für Fahrlehrer tätig werden.
Wie ich schon sagte, Menschen sind verschieden. Manche Fahrschüler sagen gar nichts, da musst Du pushen. Manche quatschen sich die Seele frei, sind sehr nervös – denen muss man die Belastung nehmen. Extremfälle, also wenn sich jemand komplett öffnet und beispielsweise erzählt, dass ihm häusliche Gewalt widerfährt, werden intern mit meinem Arbeitgeber besprochen und dann an die entsprechenden verantwortlichen Stellen weitergeleitet.
Dann versuche ich, ihm oder ihr Individuell entgegenzukommen, mir spezielle Strategien zu überlegen. So arbeite ich zum Beispiel häufig mit Spielzeugautos, um extreme Verkehrssituationen zu simulieren.
So viel Tage, wie im Arbeitsvertrag stehen.
Immer dann, wenn ich mal am Hauptsitz bin. Dann halten wir schon mal ein Pläuschchen. Ansonsten kommunizieren wir recht viel über WhatsApp. Einmal im Monat treffen wir uns turnusmäßig zu einer Fahrlehrerbesprechung.
Mein Hauptauto ist ein BMW X2. Wenn ich in einem Schaltwagen unterrichte, fahren wir meist einen VW T-Roc.
Das ist auch sehr flexibel. Aktuell fokussiere ich mich mehr auf die Praxis. Den Theorieunterricht übernehmen bei uns häufig Fahrlehreranwärter, für die das eine gute Übung ist. Außerdem findet der Theorieunterricht bei uns abends statt. Und das ist genau dann, wenn meine Fahrschüler Zeit für Ihre Fahrstunden haben.
In meinem vorherigen Beruf bei der AUTO BILD waren es schon mal an die 70.000 Kilometer, jetzt liege ich bei ca. 30.000 bis 40.000 Kilometern im Jahr. Allein mein Arbeitsweg ist hin und zurück rund 80 Kilometer lang.
Das richtet sich komplett nach unseren Leasingverträgen. Das kann mal nach zwei, mal nach drei Jahren sein. Somit sind wir immer mit aktuellen Modellen unterwegs.
Ich bin, obwohl ich im Auto sitze, draußen. Früher war das viel mehr Bürojob. Außerdem habe ich jetzt viel mehr Nähe zu anderen Menschen und beschäftige mich, wie bereits erwähnt, mit vielen unterschiedlichen Individuen. Das ist sehr spannend und abwechslungsreich. Und oft sind moderne Autositze besser als Bürostühle – ich habe jetzt tatsächlich weniger Rückenprobleme. Was zu kurz kommt, sind regelmäßige Mahlzeiten. Die vergesse ich oft. Darum habe ich zu Beginn meiner Tätigkeit rund zehn Kilo abgenommen. Fahrlehrerdiät, sozusagen.
Ganz klar: Wenn meine Fahrschülerin oder mein Fahrschüler die Prüfung besteht.
Es gibt so viele schöne Momente, da kann ich kein einzelnes herauspicken. Beindruckend fand ich Folgendes: Ich hatte morgens eine Fahrprüfung, die nicht bestanden wurde. Danach war ich vollkommen down. Da dachte ich, ich könnte meinen Job an den Nagel hängen. Doch dann stieg kurze Zeit später der nächste Fahrschüler gut gelaunt in mein Auto und ich hatte überhaupt keine Zeit mehr, über die Prüfung nachzudenken. Ich liebe diese Kurzweiligkeit Und den Abwechslungsreichtum in meinem Job, die einem nicht ermöglichen, negativen Gedanken hinterherzuhängen.
Ich gehe die komplette Prüfung mit durch, und denke permanent: „Hoffentlich sieht sie/er das“. Am Ende des Tages bin ich sehr froh und glücklich, wenn die Prüfung bestanden wurde. Ich sage meinen Schülerinnen und Schülern dann abschließend immer: „Das Gute ist, wir sehen uns nicht mehr. Und das Schlechte ist, wir sehen uns nicht mehr.“
Gucken Sie sich den Job vorher gut an. Fahren Sie mal mit und schauen Sie sich im Vorfeld einen Theorieunterricht an. Wenn Sie dann mit der Ausbildung starten: Bleiben Sie gelassen und saugen Sie alles auf. Finden Sie den für sich besten Lernweg. Wenn Sie dann Fahrlehrer sind, versuchen Sie, den Bedürfnissen der Fahrschüler gerecht zu werden. Seien Sie immer aufmerksam und hören Sie gut zu.
Quereinsteigern wie mir, die Lust an Menschen haben. Dann macht der Job großen Spaß und man kann dabei helfen, die Welt auf unseren Straßen da draußen ein klein bisschen besser zu machen.
Neues vom DVPI Hamburg: A-Lehrgang, BE-Lehrgang und Weiterbildung Ausbildungsfahrlehrer